Vom Brot ton epiousion – das beistehend anwesendsein läßt


Das hier zu erörternde Wort epiousion kennen wir in der Übersetzung für die Bitte um das tägliche Brot als Teil des Gebets, „Vater unser, der Du bist in den Himmeln“. So als das Tägliche der Gabe von Brot übersetzt bitten wir den himmlischen Vater um Fürsorge zur leiblichen Ernährung. Dem Zusammenhang mit der Bitte um Vergebung von Schuld entspricht dies nicht. Der Ort des Gebets, das sich der Güte des in seinem „Königtum der Himmel“, das zu uns komme möge, angesprochenen Gottes zuwendet, ist nicht der Tisch der irdisch leiblichen Gaben, sondern jenes Geistes, der im Gedächtnis der Menschwerdung und ihrer Passion, Versöhnung durch Erneuerung von Entsprechung ermöglicht.

Tatsächlich findet das Wort im griechischen Text des neuen Testaments nur an dieser Stelle verwendung und stellt allein dadurch eine Herausforderung dar, was es bedeutet. Es setzt sich, wie unten näher erläutert, zusammen aus dem Präfix epi- für „bei“ und enthält im Wortstamm die ousia – das Anwesen. Nähern wir uns zunächst seiner Bedeutung von einem Zusammenhang her, der verdeutlichen kann, was wie in der Hinwendung zum Vater als dem unseren, erbeten sein kann.

1.

Eines der bedeutendsten Werke in der Geschichte der Theologie, das Proslogion des Anselm von Canterbury aus der Zeit um 1100 entstanden, zeigt sich in seiner Haltung darin dem Herrengebet, dem „Vater unser“ (Mt 6,5-15; Lk 11,1-13) ähnlich, da es wie jenes Anrede ist. Jeweils geht es um die Rechtheit des Bittens, der Erwartung und ihres Verlangens, dessen Erfüllung in der Anrede schon zu entsprechen gesucht wird. Darin nimmt das Anselmische Proslogion die Haltung zu einer Besinnung wie das vom Alltagsgeschäft Abstand nehmende Gebet ein, die in ihrem begleitenden Denken und Erkenntnis Suchen das rechte und um das Rechte Bittenkönnen in allen Erwartungen Gott wie uns selbst gegenüber anstrebt. Aufgefordert sind wir selbst zu einer Besinnung:

Du aber geh in deine Kammer, wenn du betest, und schließ die Tür zu. (...) Wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern ...“ heißt es bei Matthäus (Mt 6,6-7).

Tritt ein in die Kammer deines Geistes ...“ weist sich, jener Weisung des Herrn gemäß, die Seele im 1. Kapitel des Proslogion an.

Das betende Verhalten zu Gott als Vater, „der im Verborgenen ist“ (Mt 6,6) bedarf der sich abschließenden Wendung gegenüber den vielfältigen Zerstreuungen und der sinnlichen Eindrücke; Tür und Fenster sind ja auch häufig verwandte Bilder für die Sinne, durch die die Seele das Sichtbare empfängt. Das durch Jesus, bei Lukas auf Anfrage der Jünger gelehrte rechte Beten ist ein Weisen in das angemessene Erbeten des Geistes, dass er als der heiligende wirke: im Verhältnis zu Gott als Vater, wie es durch das Vorbild Jesu als der Christus im Geist möglich ist, der als zu uns kommend empfangen sein kann, wo wir uns besinnen, von Verwirrendem reinigen und mit den Vermögen und Kräften der Seele zum Gerechtseinkönnen unsere geistige Orientierung bilden, so dass sich das Entsprechenkönnen, das uns in der Verheißung von Ebenbildlichkeit gewiesen wird, erneuert.

Gott als Vater in Güte und gerechtmachend erlösender Gerechtigkeit gibt im Geist der Evangelien durch Christus denen das geistige Vermögen in der Verhaltensausrichtung als Personen, die sich zur Entsprechung im Gottesverhältnis verhalten zu können in der Rückbesinnung bereit erklären und halten. Als so sich besinnend sind sie wieder zu jener Tapferkeit in Überwindung der Zerwürfnisse bereit, von der die Bergpredigt, zu der ja das Gebet an den Vater bei Matthäus unmittelbar gehört, in Mt 5,10 ff sprach, das Verfolgtwerden „um der Gerechtigkeit willen“ zu tragen.

Die Tapferkeit bedarf als Tugend der Weisheit; diese bildet sich mit den Vermögen des Geistes in und für die Einstimmung aller Kräfte der Seele, getragen von der Liebe zu Gott in Gottes sich als zugleich vorbildlich weisender Liebe zu uns als der Gemeinschaft in der Teilhabe am Kommen des Königtums Gottes fähig werdend. Die Rechtheit, um deren Einsicht wir mit der Frage nach dem rechten Beten bitten, ist Weisung der Tapferkeit aus Besonnenheit – in Weisheit.

→ Zur Weisheit als Tugend und Kunst (als ein Können und Taugen), Tapferkeit und Besonnenheit ihrer Entgegensetzung gegenüber zu vereinen, in Platons Politeia und den Nomoi

2.

Die Evangelien lehren das Bitten um den Geist des Gerechtseinkönnens, das die Fähigkeit zur Versöhnung und Entschuldung umfaßt, wie ja im Anschluß an die Bitte um das vom Vater stammende Brot „ton epiousion“ ausdrücklich an beiden Stellen genannt. Auch das Proslogion findet für seinen Weg der Einsicht bildenden Besinnung seinen Ort mit dem Annehmen der Bestimmungsgründe des göttlichen Wesens für den Geist der Seele in der Gerechtigkeit und Wahrheit, der Freiheit und der Güte; es aber spricht zu Gott als Herr meiner Seele, nicht zu ihm als Vater. Es weiß um das Verhältnis des Lernenden zum Lehrenden und dieser ist Gott als Christus; es ist das Vorbild des Sohnes für die Sohnschaft im Geiste, das als Gott selbst nur uns lehrt. „Du Herr, mein Gott, lehre mein Herz ...“ (P 1)

Der Vater ist nicht der Lehrende, sondern der Lehrer ist Christus. Er lehrt durch die Liebe und sein Dienen: „Liebet einander, wie ich euch geliebt habe.“ (vgl. die Abschiedsreden im Johannesevangelium Joh 13 ff). Darin ihm folgend und gleichend können wir am Geist teilhaben, der uns zur Versöhnung befähigt. Das Proslogion und die ihm zugehörigen Werke geistiger Bildung sind schon auf dem Weg der Annahme der Rechtheit aus der Liebe zur Weisheit und nehmen die Forderung ernst, die in der an Gott als den Vater gerichteten Bitte um Vergebung von Schuld liegt.

Es findet das Besinnen in der Haltung des Gebets als ein Bitten um den Geist der Versöhnung statt, und ist eingebettet in das Verlangen der Teilhabe am Kommen des Königtums der Himmel zu uns auf die Erde. Auch hier kann die gewöhnliche Übersetzung des göttlichen Königtums (basileia) als „Reich Gottes“ zur Verfehlung, es als einen für sich abgegrenzten Machtbereich zu begreifen, führen, statt als Gabe in Ermöglichung der Königswürde des Menschen, zu der die Fähigkeit zur Achtung und Würde des Achtenkönnens gehört. Irdisch und darum des Maßes in Gabe einer zur Entsprechung befähigenden Kraft ist die Desorientierung und die Gefährdungen in der geistigen Lebensführung durch Verachtung und den Reaktionen zur Vergeltung. Dem zu widerstehen ist mit der Bereitschaft der Beistand des Geistes von einer dem Werk und der Gestalt im Verhalten des Christus entsprechenden Haltung erforderlich. Um eine Gabe, dies aus wieder angebotener Versöhung zu können, bitten wir in der Bitte um das Brot „ton epiousion“.

3.

Das Brot, das für das uns Ernährende insgesamt steht, bringt im Text des Gebetes eine Analogie für die Art der Kraft des erbetenen geistigen Beistands als Anwesenheit des Göttlichen unter uns mit dem geistig Nährenden zur Geltung.

Wie die Kontexte deutlich machen, ist es aber nicht das unser körperliches Leben erhaltende „tägliche Brot“ im gegenständlich wörtlichen Sinn als Lebensmittel, wie seit Luther ins Deutsche übertragen und statt in der Kammer der Besinnung meist in halböffentlicher Gemeinschaftsrede in gebetsmühlenartier Wiederholung vor sich hingesagt, (und wird sogar wie in manchen Klöstern als Tischgebet gebraucht), sondern wir erfragen jenes Brot, das der Leib Christi ist. Der Gebetstext weist in die Besinnung auf die Eucharistie und die Annahme der Weisung, der Passion – umwillen der Gerechtigkeit und ihrer Wegführung zur Erlösung von den Übeln – zu gedenken. Durch die Analogie zwar ist im übertragendem Sinn die Bedeutung der Gabe von Brot als Nahrungsgrundlage für das gesamte Leben in die Aufmerksamkeit gerufen, aber als dieses ist es gerade nicht Gegenstand der Bitte, sondern bindet sich in eine Haltung ein, in der die als göttlich beistehende Kraft sich für die Führung und Erhaltung des gemeinschaftlichen Lebens bedeutend begriffen wird.

Der Leib Christi, um den wir in Wahrheit bitten, ist kein bloßes Mittel zum Überleben. In ihn verwandeln wir uns selbst in einer geistige Haltung, da wir uns von ihm verwandeln und in der Ausrichtung der geistigen Bestrebungen aus den Wirrsalen wenden lassen. Die Analogie ergibt sich aus dem väterlichen Verhalten: wie der irdische Vater seinen Kindern das Brot gibt, nach dem sie verlangen, und keinen Stein (Mt 7,9), so gibt der himmlische den Geist der Versöhnung und nicht den der Vergeltung.

epiousios heißt wörtlich ‚beim Anwesen‘, dem Anwesen (des Göttlichen als Kraft) geistig wirksam beistehend. Im Matthäusevangelium schließt die Erörterung der falschen und der rechten Sorge direkt an die Frage nach der Rechtheit als Wahrhaftigkeit des Gebets in der Besinnung an: „Euch aber muß es zuerst um sein Königtum und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben.“ (Mt 6,33) Wir bitten also nicht um das andere, die Zugabe, sondern um den Geist der Gerechtigkeit selbst als jenes Vermögen, das wir selbst in Entsprechung mit einbringen können müssen in der Teilhabe, da wir nicht um Vergebung von Schuld bitten können, ohne selbst zu vergeben, ja vergeben zu haben: „Und erlaß uns unsere Schuld, wie auch wir sie unseren Schuldnern erlassen haben.“ (Mt 6,12).

Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, dann wird auch euer Vater eure Verfehlungen nicht vergeben.“ (Mt 6, 15)

Statt dem nur anfügend ergänzenden „und“ kann dann das griechische kai auch im Sinne von Implikation und Konsequenz gelesen werden: Gib uns das Brot, das uns durch dessen Anwesendsein ein dem göttlichen entsprechendes Vermögen ermöglicht, auf daß Du uns unsere Schuld vergibst, unsere Verfehlungen löst, wie wir schon vergeben zu haben versprechen: die Bitte um den Beistand durch Vergebung von Schuld, sonst könnte die Güte einer göttlich geistigen Kraft nicht sich uns gewähren, wird mit der entsprechenden Haltung des Gebets, das Bitte und selbstverpflichtendes Verprechen vereint, als gewährt geglaubt. Das Gebet spricht seine Bitte um Vergebung zusammen mit der Bitte um die Gabe der Kraft göttlich versöhnender Güte, aus der heraus nur ein Vergebenkönnen (in Erwartung der Entsprechung) möglich ist, in die Wendung aus der Verzweiflung und dem Verlustzustand von Gnade hinein.

Denn wir können nur durch diese Gabe als geistige selbst Vergebende sein: Schuld nicht auf andere zu schieben wie Adam auf Eva und diese auf die Verführungskraft, sondern im Wir gemeinsam Schuld tragen und lösen zu können einig mit Gott wie untereinander geworden zu sein. Nur so kann unter uns die Gottesschuld, die Beschädigung des Eintrachtsvermögens ist, gehoben werden.

Das Grundlegende des Brotes der beistehenden Anwesenheit für die geistige Haltung der Seele, in Gerechtigkeit dem Anspruch von Vergebung in Versöhnung entsprechen zu können, nimmt uns zum einen in die Stellvertretung Christi hinein, in der wie zurecht allererst Gott als Vater (in Teilhabe an einer geschöpflichen Gotteskindschaft) ansprechen und die Fürsorge für die geistige Entsprechung des Verhaltens der Seele von Gott in Anspruch nehmen können, daß er in die Gabe des Ursprungs erneuernder Güte der unsere werde. Das stille, sich besinnende Gebet in der Kammer ist so selbst in Stellvertretung gesprochen für die Gemeinschaft, die das UNSER im Matthäusevanglium antizipiert. Lukas vermeidet in der ersten Zeile dieses UNSER, spricht nur den „Vater“ an, daß sein Name geheiligt werde – und erst mit dieser, eine Selbstaufforderung zur Heiligung einschließenden Ehrung in Stellvertretung, daß alle Gottes Namen achten und ehren mögen, auf daß in Heiligung des Göttlichen dieses unter uns als Gemeinschaft gemeinschaftlich anwesend sein kann, wird in Lk 11, 2 vom Brot als dem unseren gesprochen, das wir als Brot ton epiousion Tag für Tag – in der Gegenwart des Kommenden – erbeten.

Epiousion heißt also gerade nicht täglich, sondern muß auf Christus als die Grundlage der Anwesenheit Gottes im Tagoffenen des Daseins und durchgängig da bleibend als Geist im Kommen des Königtums bezogen werden, für das die Heiligung des Gottesnamens im Gedächtnis (der heilsamen, der erlösenden Gerechtigkeit und Güte in Christus) Bedingung ist des vertrauensvollen Anwesendseinkönnens Gottes als der darin der aller Gemeinschaft mit ihm dienende Herr, den wir ansprechen können und der uns nur indirekt in der Bildung unserer Einsicht und Vermögen im Geist der Seele Antwort gibt, da es uns glückt, in Rechtheit an der Heiligung teilzuhaben, die als Heil Gottes die Würde des Menschen in der Gemeinschaft allseitiger Achtung einschließt. Ohne die Bereitschaft zu solch geistiger Bildung der Seele in ihrem Herzen und Gemüt ist die Anwesenheit des Ewigen in der Zeit nicht recht zu erbitten und nicht zu erhoffen.

4.

Heiligung des Namens ist praktisches Tun in Vergebung und Achtung dort, wo wir uns der Verachtung entgegen – in uns und uns gegenüber – der Erlösung würdig versöhnend verhalten; und es bedarf eines geistigen Vermögens, das in der Besinnung des Gebets sich befreit von der Torheit, von Gott überhaupt denken zu können, er sei nicht anwesend, das für uns gleichbedeutend ist, er sei nicht seiend. Wir vermögen Gott nicht als seiend außer dem Anwesen seines Wesens auch nur zu denken. So nimmt Anselms Proslogion die Haltung der Besinnung in eine Erkenntnisarbeit auf, die unserem Bewußtsein nachweist, dass es nicht stimmig gedacht sein kann und nicht weise ist, Gott selbst im Wesen der geistige Gemeinschaft einander achtender Personen ursprünglich ermöglichenden Kraft und Gabe für nichtseiend zu erklären. Die Widerfahrnis von Abwesenheit von Güte verhält uns hingegen zu jener Rückbesinnung, in die die Bergpredigt und die sich an sie anschließende theologische Reflexion weisen.

In der im Gebet wahrgenommenen rechten Sorge um die Anwesenheit des ansprechbaren Gottes im Geist gehen wir jene Verpflichtung ein, die sich als Grundhaltung des Gebets so einstellt, daß wir das täglich um uns selbst Sorgen preisgeben können, d.h. um uns selbst als jene Bedürftigen, die Gesundheit und Leben höher schätzten als die „Schätze im Himmel“ (Mt 6,19). „Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.“ Zweifellos ist die Fähigkeit zu Vergebung von Schuld und Versöhnung zwischen Menschen die entscheidende Voraussetzung für die Hoffnung auf Gottes Versöhnung mit den Menschen und seinem Anwesendseinkönnen unter uns – im Geist Jesu Christi. Um diese also bitten wir im Herrengebet – und in diesem Licht, dem Kontext von Bergpredigt und dem Beispiel des um das wahrhaft Gute der Gaben des Himmels recht Bittenden ist das epiousios zu deuten und das Brot ton epiousion bei Lukas wie bei Matthäus recht zu übersetzen und sinnvoll, den Zusammenhang wahrend, zu übertrage.

...um wieviel mehr wird der Vater aus dem Himmel geben heiligen Geist den ihn Bittenden.“ (Lk 11,13)

Was der Geist in seiner Bildung aus der Annahme und Wahrung des Heiligen im Zwiegespräch der Seele unter dem Anspruch im Angsprochensein Gottes als Herr meiner Seele erfährt und sich ihm in der Besinnung eröffnet, da er die Sinne für eine Zeit nur den Eindrücken verschließt, ist die Erneuerung des Ursprungsverhältnisses in ihrer Kraft für Orientierung und die Ordnung der Seele in all ihren Kräften und Vermögen.

5.

Daß sich dies auch und gerade für das Denken und sein Verstandesvermögen ergibt, dies können wir mit Anselm und dem Proslogion in der Wendung des Erweisganges dem Toren, dem Insipiens, gegenüber mit eigener Einsichtsbildung erkunden, dessen Haltung ja als Haltungsvermögen zu unserem Selbstbewußtsein gehört, selbst denken und etwas bejahen oder verneinen zu können. Die Hinwendung zu Gott als dem Herrn ist Wendung hin zur Annahme der Wesenserkenntnis als vom Sein Gottes unabtrennbar. Denn das Sein Gottes ist Anwesenheit des Wesens und nur denkbar im vertrauensvollen Annehmen dieser seiner Anwesenheit des Heiligen als heilsam im Geist und seiner Gerechtigkeit in Wahrheit und Güte nur mit der Annahme wirksam werdender Kraft der Versöhnung, der Liebe und der Erkenntnis für die das Kommen in Gegenwart hoffenden Seele. Auf solches Annehmenkönnen bereitet sich die Seele im der Besinnung und nimmt so schon daran Anteil. Es ist darum auch nicht ganz verfehlt, wenn in manchen Übersetzungen vom eschatologischen Brot oder dem zukünftigen Brot die Rede war; doch geht die Bitte immer um eine Gegenwart des Empfangens und darum erscheint uns die Betonung des Anwesens unverzichtbar.

In der Vulgata findet sich übrigens die Version: panem nostrum supersubstantialem da nobis hodie. Unser übersubstanzielles Brot gib uns heute.

Das geistige Vermögen, Gott in seinem Wesen selbst durch das Rechte und das ursprüngliche Maß im je eigenen Verhalten von Vermögen zu denken, ist nur aus einer Erkenntnis möglich, die praktische Verpflichtung in weisheitlicher Einsicht wird und nicht außer der Fürsorge für die Seele in allgemeiner Stellvertretung der Gottesgemeinschaft stattfinden kann. Hinwendung zu Gott in Besinnugn wird so im Geist zur Hinwendung zu den Menschen in der traditio der Wegeröffnungen von Bildung der geistigen Vermögen der Seele eines jeden in und mit der Stellvertretung Christi.

Das wahre Herrengebet, das nicht unisono nur in Worten nachgesprochen werden kann, ist Einführung in die Liebe zur Weisheit als philosophische Bildung des den Namen Gottes als Vater und als Herr meiner wie unserer Seelen heiligenden Seinkönnens als Person – unter Personen: in Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit versöhnend da das selbst sein zu können in Gemeinschaft in Gedächtnistreue ihrer Ursprungsgabe ermöglichend.



Hinweis zur theologischen Werkinterpretation der Schriften Anselms

Damit nun und in erinnerndem Vergleich aus dem Geist des Evangeliums können wir die Werkstrukturen und den Zusammenhang der Werke vom Monologion bis De casu diaboli und Cur deus homo mit dem Proslogion als Zentrum in wissenschaftsfähiger Arbeit aus dem Vertrauen in das überlieferte Wort dessen, der Kunde gebracht hat, erschließen und in die theologische Praxis der Seelsorge als geistiger Fürsorge für die Seelen zurückbinden.

Nicht ist also das Proslogion so aufgebaut, daß der Beweis als ein ontologischer die Mitte und das Gebet das ihn umrahmende Beiwerk wäre; es verhält sich vielmehr eher umgekehrt: die Wahrheit des Gottesgedankens liegt nicht in der Fähigkeit des Urteilsverhaltens Gott gegenüber (ja – nein: darum auch nicht die Rechtheit des Glaubens im Ja-Sagen zu Gottes Sein, sowenig wie ein Nein-Sagenkönnen zum Sein Gottes ein Akt der Freiheit wäre), sondern dieses bedarf der Begrenzung mit Widerlegung der törichten Selbstmacht durch die Erneuerung des Ursprungsverhältnis, das für die Seele vermögensermöglichend ist und wirkt. Es ist die Grundhaltung des Gebets im sich auf die Rechtheit der einzunehmenden Haltung Besinnen, die das Umfassendere uns ist als das Geist und alle Kräfte des Herzens und der Seele Zusammenhaltende und Anspannende.

Dem folgt in seinem Bogen das Proslogion von der zweifachen Anrede des ersten bis zur Hoffnungsgestalt der Seele im letzten Kapitel.